Bei vielen machen sich die Monate voller Entbehrungen inzwischen bemerkbar. Schließlich mussten nicht wenige Menschen den Spagat zwischen Homeoffice, Homeschooling und Social Distancing schaffen. Da wundert es kaum, dass der Stresspegel bei vielen inzwischen hoch ist.
Das Meinungsforschungsinstitut Yougov befragte im Auftrag des Lebensversicherers Swiss Life 2158 Deutsche. Rund vier Fünftel der Befragten gaben dabei an, in den vergangenen Monaten unter Stress gelitten zu haben. Als Hauptursache für den Stress galt die Arbeit. Das überrascht wenig: Während die einen ihren Job verloren haben oder in Kurzarbeit geschickt wurden, mussten andere im Homeoffice Arbeit, Homeschooling und Haushalt unter einen Hut bringen. So mancher war da verständlicherweise überfordert und fühlte sich unter Druck gesetzt.
Die Rolle von Stress für unseren Körper
Eigentlich ist Stress per se nichts Schlechtes, sondern vielmehr eine natürliche Reaktion des Körpers auf (psychische oder physische) Belastung. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen soll der Körper nämlich kurzfristig zu Höchstleistungen angetrieben werden, um beispielsweise einer gefährlichen Situation zu entkommen. Adrenalin und Noradrenalin sorgen im Körper dafür, dass sich die Atemfrequenz erhöht, der Puls in die Höhe schießt und die Muskulatur besser durchblutet wird. Ein hoher Stresspegel ist also im Grunde durchaus nützlich – zumindest, solange er nur gelegentlich auftritt. Steht man dauerhaft unter Stress, schwächt das aber mitunter das Immunsystem. Auch der Stoffwechsel wird in Mitleidenschaft gezogen. Durch den erhöhten Stresshormonspiegel steigen u. a. die Blutzucker- und Cholesterinwerte an. Ohne entsprechende Phasen der Erholung kann Dauerstress zudem zu permanenten Erschöpfungszuständen führen, die letztlich in verschiedensten psychischen Erkrankungen münden können. Doch warum ist Stress einerseits gut für uns, kann uns andererseits aber auch schaden?
Verschiedene Formen von Stress
Das liegt daran, dass man zwischen den verschiedenen Formen von Stress unterscheiden muss. Es gibt einerseits positiven Stress, den sogenannten Eustress, der eine klare Funktion erfüllt und uns kurzfristig leistungsstärker machen soll. Auf der anderen Seite existiert auch negativer Stress, der Disstress, der uns lahmlegt. Diese Form von Stress ist eher dysfunktional. Das ist etwa der Fall, wenn man sich in einer Prüfungssituation befindet und man vor lauter Herzrasen keinen klaren Gedanken fassen kann. In diesem Fall steht uns der Stress im Weg.
Stresspegel in Zeiten von Corona höher
Auch wenn die meisten sicher noch nicht in Quarantäne waren – auch Social Distancing schlägt auf die Dauer aufs Gemüt. Kein Wunder, schließlich sind wir Menschen soziale Wesen und sehnen uns nach Kontakt zu anderen Menschen. Auch wenn es im Lockdown Light nicht völlig untersagt wurde, andere Menschen zu treffen, so reduzierten die meisten ihre Kontakte auf ein Minimum. Doch warum schien es während des ersten Lockdowns vielen noch so viel leichter zu fallen, auf soziale Kontakte zu verzichten? Schließlich waren die Regeln hier mitunter strenger. Grund dafür ist vor allem, dass momentan keine zeitliche Begrenzung greifbar scheint. Während im Frühjahr bei vielen noch die Hoffnung bestand, mit vereinten Kräften das Virus in Kürze bekämpft zu haben, zeigte sich im Laufe des Jahres in aller Deutlichkeit: Das wird noch dauern. Und ein Ende scheint genauso wenig in Sicht, selbst wenn ein Impfstoff ein wenig Hoffnung macht.
Psychische Erkrankungen nehmen aktuell zu
Deswegen wundert es auch wenig, dass unter diesen Bedingungen psychische Erkrankungen gehäuft auftreten. Zwar können die Langzeitfolgen der Lockdowns noch nicht beurteilt werden – dafür ist es noch zu früh. Doch bereits während der ersten 100 Tage der Pandemie zeigte sich u. a. in Madrid, dass sich die Anzahl depressiver Menschen verdoppelt hatte. Derlei statistische Untersuchungen stehen in Deutschland noch aus. Allerdings konnte die Techniker Krankenkasse bereits jetzt mitteilen, dass die Zahl an Krankmeldungen aufgrund psychischer Diagnosen zugenommen haben.
Warnzeichen frühzeitig erkennen
Um nicht selbst in die Stressfalle zu tappen, muss man lernen, die Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen. Schließlich will man nach Möglichkeit Spätfolgen des Stresses wie z. B. Burnout oder Depressionen vermeiden. Dazu muss man wissen, dass sich Stress als Form von Überlastung oft in körperlichen Symptomen äußert, d. h. in psychosomatischen Erkrankungen. Wie genau sich der Stress dann äußert, ist jedoch vielfältig. Zu den typischsten Stresssymptomen zählen:
- Tinnitus
- Augenzucken
- Bruxismus (Zähneknirschen)
- Unruhe
- Alpträume
- Empfindliches Immunsystem
- Hautprobleme
- Bauchschmerzen
- Gewichtsschwankungen (Vorsicht! Diese können auch saisonbedingt auftreten!)
- Kopfschmerzen
- Schlafprobleme
- Panikattacken
- Reizbarkeit
- Sozialer Rückzug
Stresspegel am Limit: Die häufigsten Stressfaktoren
Was unseren Stresspegel in die Höhe schnellen lässt, ist ganz verschieden. Allen Auslösern ist jedoch gemein, dass es sich dabei um sogenannte Umweltreize handelt, also Reize, die von außen oder scheinbar von außen an uns herangetragen werden. Diese Stressfaktoren, auch Stressoren genannt, wandeln sich mit der Gesellschaft. Waren typische Stressoren früher Hunger, Kälte und Verletzungen, so sind diese Stressoren nicht mehr so wesentlich für uns, weil die Gesellschaft wohlhabender geworden ist und nur wenige Menschen in Deutschland Hunger leiden müssen (jedenfalls nicht in der breiten Masse wie früher). Dafür treten andere Stressfaktoren an ihre Stelle, denn auch wenn unsere moderne Gesellschaft viele Vergünstigungen mit sich bringt, so kann auch sie zu Belastung führen, etwa durch:
- Leistungsdruck und Termindruck
- Multitasking
- Konflikte in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Familie
- Doppelbelastung durch Beruf und Familie
- Schwere Krankheit oder Tod in der Familie
- Dauererreichbarkeit durch die Digitalisierung
- Überzogene Anspruchshaltung gegenüber sich selbst
- Unzufriedenheit, Sorgen und Zukunftsängste
- Ungesunde Ernährung
- Bewegungsmangel
- Unzureichende Erholung
Dem eigenen Stresspegel auf den Grund gehen
Helfen kann, wenn man weiß, was man individuell als stressig empfindet. Das ist nämlich je nach Typ ganz unterschiedlich. Während manche scheinbar nur positiven Stress kennen, der sie zu Höchstleistungen antreibt, fühlen sich andere schnell unter Druck gesetzt. Das kann beispielsweise daran liegen, dass man insgeheim mit den Kollegen wetteifert und man nicht hinter den Leistungen anderer zurückbleiben will oder aber bloß an den eigenen Ansprüchen scheitert, die man nicht so recht erfüllen kann. Um herauszufinden, durch was der eigene Stresspegel steigt, kann es sich lohnen, eine Weile ein Stresstagebuch zu führen. Notieren Sie täglich Situationen, in denen Sie sich gestresst gefühlt haben. Wenn Sie wissen, womit Sie es zu tun haben, fällt es Ihnen schließlich viel leichter, den Stressfaktoren aus dem Weg zu gehen!
Vorsicht vor Kompensation
Es hilft übrigens nicht, wenn Sie zur Vermeidung oder zur Kompensation von Stress beispielsweise auf Alkohol zurückgreifen. Im Gegenteil: Wer gestresst ist, muss sogar mehr trinken, um den erwünschten Belohnungseffekt zu spüren. Kein Wunder, dass man da gerade in Zeiten, in denen man unter großem inneren Druck steht, Gefahr läuft, in die Alkoholsucht abzurutschen. Denn aktuell ist es tatsächlich so, dass viele mehr und häufiger Alkohol konsumieren als sonst. Wer Hilfe benötigt, kann sich in solchen Fällen beispielsweise an die SuchtHotline wenden. Es existieren vier verschiedene Telefonnummern von vier unterschiedlichen Standorten – wählen Sie einfach den nächstgelegenen Standort.
Soforthilfe gegen hohen Stresspegel
Wenn Sie merken, dass Sie gerade unter Stress stehen, z. B. weil Ihnen der Schweiß auf der Stirn steht, die Hände zittern und Ihr Puls erhöht, können Sie auch durch rasches Handeln Stress abbauen.
- Tief durchatmen: Schließen Sie Ihre Augen und atmen Sie tief durch.
- Kaltes Wasser: Wenn Sie Ablenkung benötigen, um wieder zu sich zu finden und sich zu beruhigen, lassen Sie kaltes Wasser über Ihre Hände laufen. Das kann Sie „erden“ und Sie in den Moment zurückholen.
- Stille schaffen: Reduzieren Sie Geräusche um sich herum. Schalten Sie das Handy aus sowie den Fernseher oder das Radio. Am besten ist es, wenn Ihre Umgebung ruhig ist.
- Für Ablenkung sorgen: Lenken Sie sich ab, z. B. indem Sie eine Atemübung machen. Setzen Sie sich dafür hin und legen Sie eine Hand auf die Brust und eine auf Ihren Bauch. Atmen Sie entspannt durch die Nase ein und zählen Sie dabei ruhig bis fünf. Atmen Sie nun fünfmal hintereinander stoßartig durch den Mund aus. Wiederholen Sie die Übung fünfmal.
So gehen Sie langfristig gegen Stress vor
Doch dabei handelt es sich nur um kurzfristige Lösungen, also eine Art Erste Hilfe im Notfall. Wenn Sie sich regelmäßig gestresst fühlen, sollten Sie lieber Maßnahmen ergreifen, damit erst gar kein Stress aufkommen kann und Ihr Stress nicht chronisch wird. Unsere Tipps können Ihnen dabei helfen, Ihren Stresspegel langfristig niedrig zu halten!
1. Lieblingsmusik für eine Dosis Dopamin
Egal ob fröhlich oder traurig – hören Sie Ihre Lieblingsmusik! Das setzt nämlich in Ihrem Gehirn das Glückshormon Dopamin frei und macht Sie folglich glücklich. So geben Sie Stresshormonen und negativen Gedanken keine Chance!
2. Beruhigende Farben
Auch Farben haben eine beruhigende Wirkung, insbesondere die Farbe grün. Um Stress abzubauen, kann es schon genügen, fünf Minuten durchs Fenster ins Grüne zu schauen. Wer allerdings keine solche Aussicht hat, kann alternativ ein Bild mit grün als dominierender Farbe aufhängen. Das Bild sollte allerdings mindestens im Abstand von 2 Metern entfernt hängen, damit die Augen in die Ferne gucken.
3. Düfte gegen Stresspegel
Es gibt verschiedene Düfte, die den Stressabbau unterstützen können. Dazu gehören beispielsweise Rosen‑, Zitronen‑, Mango- und Lavendelduft. Unser Tipp: Besorgen Sie sich doch ein Parfüm auf Rosen- oder Lavendelbasis. So tragen Sie Ihre Entspannungsmethode immer bei sich!
4. Wasser statt Softdrinks
Eine gesunde Ernährung ist Grundlage für einen gesunden und somit stressfreien Körper. Und was ist grundlegender als Wasser zu trinken? Viele Menschen trinken jedoch fast ausschließlich Softdrinks oder Getränke mit Aroma. Versuchen Sie, das zu minimieren oder zumindest auf Alternativen umzusteigen. Eine clevere Alternative für zuckerhaltige Getränke bietet das System von air up. Mit dem Trinksystem wird das Gehirn ausgetrickst. Man setzt auf eine Flasche, die mit Sprudelwasser oder Leitungswasser gefüllt wird, einen sogenannten Pod, der einen Geruch ausströmt. Unser Gehirn nimmt den Geruch beim Trinken wahr und für uns schmeckt das Wasser dann entsprechend! Erhältlich unter: https://www.air-up.com/
5. Gespräche mit Freunden und Familie
Langfristig gesehen sollten Sie Ihrem Stress auf den Grund gehen. Oftmals stressen uns psychosoziale Faktoren ganz besonders. Stehen Sie unter Stress, weil Sie Ihre Familie und Ihre Freunde so selten sehen können? Dann schlagen Sie nicht um sich, sondern suchen Sie das Gespräch. Denn indem Sie kommunizieren, schaffen Sie Nähe, die während der Pandemie so schmerzlich vermisst wird.
6. Niedriger Stresspegel durch sinnstiftende Hobbys
Umgeben Sie sich mit Dingen, die Sie für sinnvoll halten. Sie wollten schon immer einen Gemüsegarten anlegen oder sich mit Kleiderspenden bei einer ortsansässigen Organisation engagieren? Oder Sie nehmen sich schon ewig vor, regelmäßig mit Ihren Kindern zu basteln? Jetzt ist die Zeit dafür!
7. Mehr küssen, weniger nörgeln
Wer gestresst ist, gerät mit seinem Partner leicht in einen Teufelskreis aus Nörgeleien. Denn wer Stress empfindet, dem fallen nur allzu leicht die vielen Kleinigkeiten auf, die im Alltag am anderen stören. Hier ein liegen gebliebener Teller, dort ein nicht weggeräumtes Handtuch – schon diskutiert man. Dabei kann man auch mal Fünfe grade sein lassen, wenn man sich überwindet. Wie wäre das: Jedes Mal, wenn Sie eigentlich nörgeln wollen, entscheiden Sie sich dagegen und geben Sie Ihrem Partner einen Kuss. Sie werden sehen, dass der Störfaktor 10 Minuten später unwichtig geworden ist. Netter Nebeneffekt: Beim Küssen werden Endorphine freigesetzt, was den Cortisolspiegel senkt – und somit auch den Stress!
8. Kontakt als Mittel der Selfcare
Klar sollte man Kontakte, so weit dies möglich ist, meiden. Doch das heißt nicht, dass sie auch digital auf Kontakte verzichten müssen. Versuchen Sie doch, einen wöchentlichen Treff zu etablieren. Ob dies im Kreise guter Freunde stattfindet oder aber mit Gleichgesinnten aus Facebook-Gruppen, spielt keine Rolle. Sorgen Sie einfach für Austausch, der Ihnen Freude bereitet und Sie auf andere Gedanken bringt!
9. Mal nicht an sich denken
Bringen Sie sich auf andere Gedanken und lenken Sie sich vom eigenen Stress ab. Das gelingt, indem Sie nun weniger an sich selbst als an andere denken. Sie haben in den vergangenen Monaten aussortiert und nun steht der Keller voll? Großartig, dann versuchen Sie doch nun, diese Dinge z. B. über Facebook-Gruppen einem neuen dankbaren Besitzer zukommen lassen. So machen Sie jemandem in der Vorweihnachtszeit eine Freude und werden gleichzeitig Altlasten los!
Fazit
Nach Monaten, in denen die Pandemie nun schon weltweit grassiert, ist es kein Wunder, dass bei vielen der Stresspegel hoch ist. Doch das heißt nicht, dass Sie nicht auch im Lockdown etwas dagegen unternehmen können – und auch sollten. Schließlich wirkt sich Stress negativ auf Ihre Gesundheit aus. Zudem ist es denkbar, dass die Pandemie noch mehr Geduld von uns abverlangt. Nehmen Sie sich daher unsere Tipps zu Herzen. Gerade wer ohnehin an einer psychischen Erkrankung leidet und dadurch schneller gestresst ist, muss nun nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern gut auf sich achten!