Tattoos sind inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen und deswegen nicht mehr so verpöhnt wie noch vor 20 Jahren. Doch sind Tattoos Karrierekiller? Wer ein Tattoo hat, muss heute in vielen Branchen nicht mehr um seinen Job bangen. Allerdings gilt es dennoch, einige Regeln zu beachten.
Längst sind Tattoos keine Karrierekiller mehr und nicht nur etwas für Seefahrer: Jeder Zehnte ist in Deutschland inzwischen tätowiert, in der Altersgruppe von 16 bis 29 sogar jeder Vierte. Insgesamt 6,3 Millionen Menschen in Deutschland tragen eine Tätowierung, Tendenz steigend. Seit 2003 ist damit die Zahl der Menschen mit Körperschmuck, also Tattoos oder Piercings, um 25 Prozent gestiegen.
Tattoos sind damit also ganz klar keine Randerscheinung mehr und lassen sich nicht mehr einer bestimmten Gesellschaftsgruppe zuordnen. Ob Student oder Lagerist, ob Handwerker oder Arzt – überall trifft man Menschen mit Tätowierungen an. Doch auch wenn Tattoos auf viel mehr Akzeptanz stoßen, muss man sich darüber im Klaren sein, dass Arbeitgeber tätowierte Bewerber ablehnen dürfen. So entschied das Verwaltungsgericht in Darmstadt beispielsweise im Falle einer Bewerberin für den höheren polizeilichen Dienst . Sie trug auf dem rechten Unterarm ein französisches Zitat aus dem Buch „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, das übersetzt jedoch hieß „Bitte bezwinge mich“. Die Begründung: Man wolle unter anderem keinen Anlass zur Provokation bieten.
Es muss zwar nicht immer so oder so ähnlich laufen. Dennoch muss man sich des Risikos einer erschwerten Jobsuche bewusst sein. Doch wer tätowiert ist und von einer Karriere bei der Polizei träumt, darf nun aufatmen. Auch hier ändert sich so langsam etwas. Ein Bewerber bei der Polizei wurde vom Land NRW abgelehnt, weil er ein großes Tattoo von einem Löwenkopf auf dem Unterarm trug. Zu Unrecht entschied jedoch ein Düsseldorfer Gericht – er darf nun weiter auf eine Anstellung hoffen. Auch für Tattooliebhaber stehen also mehr und mehr Karrieremöglichkeiten offen.
Jobwahl sollte immer Vorrang haben
Schuld an Problemen im Bewerbungsprozess haben oftmals Vorurteile, die sich in Bezug auf Träger von Tätowierungen hartnäckig halten. Deswegen sollte man sich, bevor man sich ein Tattoo zulegt, fragen, ob sich in Zukunft nicht doch noch etwas an den eigenen beruflichen Plänen ändern könnte. Schließlich hält eine Tätowierung ein Leben lang und lässt sich nicht ohne weiteres wieder entfernen, ohne Spuren zu hinterlassen.
Wirtschaftliche Veränderungen können es auch unerwartet notwendig machen, sich beruflich neu aufzustellen. Damit eine Tätowierung nicht zwischen Ihnen und Ihrem Traumjob steht, sollten Sie Ihren Körperschmuck daher immer mit Bedacht wählen. Auch abgesehen vom Beruf kann ein Tattoo jedoch Probleme mit sich bringen. Auf dem hart umkämpften Wohnungsmarkt kann es beispielsweise ebenfalls von Nachteil sein, wenn man sich bei einer Wohnungsbesichtigung mit Halstattoo blicken lässt.
Tattootrends: Vorsicht vor der Modefalle
Bevor Sie den Gang zum Tätowierer wagen, sollten Sie sich auf jeden Fall fragen, ob Sie mit Ihrem Wunschtattoo bloß einem Trend folgen. Denn auch wenn eine Tätowierung ein Ausdruck von Individualität sein kann, unterliegt unser Geschmack oftmals bestimmten Moden. Ein Beispiel hierfür wären die sogenannten ‚Arschgeweihe‘, die viele sich in den 90ern verewigen ließen. Aktuell geht ein weiterer Tattootrend um, der jedoch auch in Tätowiererkreisen nicht überall auf Zustimmung stößt. Gesichtstattoos sind aktuell angesagt. Zwar gibt es diese nicht erst seit gestern. Doch immer häufiger sieht man mittlerweile Menschen mit Tätowierungen im Gesicht.
Höhere Altersgrenze in Diskussion
Das geschieht so häufig, dass in Großbritannien aktuell sogar eine höhere Altersgrenze diskutiert wird. Derlei Forderungen werden laut von der sogenannten British Tattoo Artists Federation (BTAF). Die Organisation existiert bereits seit 1975 und besteht aus professionellen Tätowierern aus Großbritannien, die seit mindestens fünf Jahren im Job sind und den selbst gesetzten Standards genügen. Ziel ist es, eine größere Sicherheit für Tattoo-Fans zu schaffen. Aus diesem Grund fordert die BTAF, dass Tattoos an gut sichtbaren Stellen wie im Gesicht, am Hals oder an den Händen erst ab 21 Jahren gestochen werden dürfen. Zu groß sind die Einschränkungen, die von jungen Leuten ihrer Meinung nach nicht immer erkannt werden.
Zwar ist Körperschmuck Privatsache. In bestimmten Fällen jedoch, etwa wenn man ein Unternehmen nach außen repräsentieren soll, ist das Recht auf der Seite des Arbeitgebers. Eine Regel zur Tattoowahl lautet daher „Think before you ink!“. Anders formuliert: Wählen Sie Art und Ort des Tattoos vor dem Stechen mit Bedacht – idealerweise so, dass man dieses zur Not verdecken kann.
Regeln zur Orientierung
Orientierung können ein paar einfache Grundsätze bieten. Wer sich nicht sicher ist, kann als Anhaltspunkt bei Männern die sogenannte Anzugsgrenze heranziehen. Bei Frauen gilt die T‑Shirt-Zone. Anders formuliert: Unbedenklich ist bei Männern, was sich beim Tragen eines Anzugs verdecken lässt, im Falle von Frauen, was durch ein T‑Shirt bedeckt wird. Doch Vorsicht: Auch Männer müssen sich fragen, ob sie auch bei 36 Grad im Sommer langärmlige Hemden tragen möchten. Viele Tätowierer raten deswegen auch von Tätowierungen auf den Unterarmen ab – vor allem dann, wenn es sich um das erste Tattoo handelt.
Geeignete Motive
Generell kann man beim Tätowieren der Kreativität freien Lauf lassen. Schließlich ist ein Tattoo im Idealfall ein Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und so individuell wie sein Träger. Doch auch das hat klare Grenzen. Tabu sollten immer religiöse, politische, obszöne oder gewaltverherrlichende Motive sein – nicht zuletzt, weil sich die eigenen Überzeugungen im Laufe eines ganzen Lebens schon einmal verändern können. Mit Sicherheit sind solche Tattoos Karrierekiller! Das kann am Ende nicht nur peinlich sein, Ihr Tattoo soll schließlich niemandem vor den Kopf stoßen.
Augen auf bei der Tätowierersuche
Damit Ihre Tattoos nicht zum Karrierekiller werden, schauen Sie beim Tattoostudio ganz genau hin – und dafür nicht so sehr aufs Geld. Schließlich hält das Ergebnis ein Leben lang und soll dementsprechend gut gemacht sein. Statt sich vor Ort Fotos anzuschauen, kann es sich lohnen, sich von Freunden und Bekannten ein Studio empfehlen zu lassen. Selbstverständlich nur, wenn diese Tattoos haben, die Ihnen gefallen. Doch aufgepasst: Die meisten Tätowierer decken nicht alles gleich gut ab. Richten Sie sich also nach Möglichkeit an einen Tätowierer Ihres Vertrauens, der sich auf Ihr Wunschtattoo spezialisiert hat. So sorgen Sie zumindest dafür, dass Ihnen Ihr Körperschmuck nicht zum Verhängnis wird, weil man Ihnen schlechten Geschmack oder gar ein schlechtes Urteilsvermögen unterstellt.
Rechte als Arbeitgeber
Generell gilt, dass Tätowierungen Privatsache sind. Aber in bestimmten Fällen haben Arbeitgeber das Recht auf ihrer Seite, etwa wenn der Angestellte Kontakt zu Kunden pflegt. Für Beamte bzw. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, Empfangsmitarbeiter und Flugbegleiter gilt daher, dass Tätowierungen nach wie vor tabu sind, zumindest solche, die sichtbar sind.
Auf der sicheren Seite ist jedoch, wer mit Tattoos eingestellt wurde. Der Arbeitgeber darf bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis nicht seine Meinung ändern. Besteht allerdings eine klare Anweisung, dass Tätowierungen nicht toleriert werden, über die man sich nach Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses hinwegsetzt, kann dies jedoch ein Kündigungsgrund sein. Allerdings muss der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, dies vorzugeben.
Hintergrund von Kleiderordnungen und Vorgaben zum Aussehen
Doch warum ist es scheinbar in Ordnung, wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Regeln zur äußerlichen Erscheinung vorgeben? Generell gilt, dass der Arbeitgeber Vorschriften zur äußerlichen Erscheinung in bestimmten Fällen machen darf und zwar aus Gründen der
- Sicherheit, d. h. wenn bestimmte Schutzkleidung erforderlich ist (gemäß § 15 Abs. 1 und 2 des Arbeitsschutzgesetzes ) oder
- Aus berechtigten Arbeitgeberinteressen, d. h. ein Arbeitgeber muss spezifische Gründe nachweisen können, warum die Vorgabe einer bestimmten Regelung notwendig erscheint. Dies kann entweder sein, weil der Angestellte Kontakt mit Kunden hat, die Firma ihre Belegschaft als solche gegenüber Dritten zu erkennen geben möchte (z. B. anhand einer bestimmten Arbeitsuniform) oder weil das Unternehmen Maßnahmen bezüglich einer Corporate Identity umsetzen möchte.
Der Arbeitgeber darf also grundsätzlich schon Tattoos verbieten, muss hierfür aber explizite Gründe nachweisen. Es gibt deswegen bestimmte Jobs gibt, in denen davon ausgegangen werden kann, dass das Tragen von Tattoos einen Nachteil darstellt. Dazu gehören neben allen Berufen im öffentlichen Dienst auch Flugbegleiter, Empfangsmitarbeiter und Bankangestellte, aber auch sonst alle Berufe, in denen ein enger Kontakt zu Kunden besteht wie etwa im Verkauf.
Das Vorstellungsgespräch: Sind Fragen nach Körperschmuck zulässig?
Zwar dürfen Arbeitgeber unter genannten Bedingungen Tätowierungen verbieten, allerdings sind direkte Fragen, ob ein Bewerber Tattoos hat, nicht zulässig. Wird eine solche Frage im Vorstellungsgespräch gestellt, ist es das Recht des Bewerbers, nicht zu antworten oder gar zu lügen. Doch Achtung: Die Frage, ob der Bewerber ein Tattoo trägt, das er nicht verdecken kann, ist dagegen zulässig und muss wahrheitsgemäß beantwortet werden!
Tattoos als Karrierekiller: Einfach abdecken?
Prinzipiell ist es möglich, Tattoos mit Makeup abzudecken. Hierfür benötigt man jedoch spezielles Camouflage Makeup mit besonderer Deckkraft. Zu beachten ist außerdem, dass man für rot tätowierte Bereiche ein anderes Makeup benötigt als für alle anderen Farben, weil rot besonders schwer abzudecken ist. Um ein Tattoo abzudecken, verwendet man folglich ein bis zwei Camouflage Makeup-Töne, die man mit einem kleinen Spatel oder dem Finger großzügig aufträgt. Im Anschluss verwendet man ein Camouflage Makeup im eigenen Hautfarbton.
Doch obwohl es ganz generell möglich ist, eine Tätowierung abzudecken, stellt dies keine dauerhafte Lösung dar. Im Gegenteil droht die Kündigung, wenn man einem Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch etwas vortäuscht und somit unter falschen Voraussetzungen angestellt wurde. Bleiben Sie also lieber bei der Wahrheit!
Fazit
Tattoos sind längst schon kein Karrierekiller mehr. Dennoch können Sie die Jobsuche erschweren. Wer es sich also zum Ziel gesetzt hat, beispielsweise mit Menschen zusammenzuarbeiten, der sollte sich besser zweimal überlegen, ob er sich eine Tätowierung zulegen soll. Sie können auf keinen Fall auf ein Tattoo verzichten? Dann können Sie nichts falsch machen, wenn Sie darauf achten, dass Sie dieses bei Bedarf auch verdecken können.