In den vergangenen Jahren war die Berichterstattung in den Medien immer wieder geprägt von einem Schlagwort: Pflegenotstand. Dass es in einer alternden Gesellschaft wie in Deutschland an Fachkräften in der Pflege mangelt, ist ein Problem, das alle betrifft, die irgendwann Unterstützung im Alter benötigen. Für diejenigen, die nach einer neuen beruflichen Richtung mit einer langfristigen Perspektive suchen, bieten sich hier Chancen.
Dass in Deutschland schon lange von einem sogenannten Pflegenotstand die Rede ist, ist für die meisten keine Neuigkeit. Der Pflegebedarf ist von 1999 bis 2015 bundesweit um mehr als 50 Prozent auf 3,04 Millionen angestiegen. Weniger bekannt ist vielen, dass sich die ohnehin schon prekäre Lage noch verschärfen könnte. Dem Pflegereport 2018 der Barmer zufolge stehen demnach 185.000 Personen, die Angehörige zu Hause pflegen, kurz davor, diesen Dienst einzustellen.
Überforderte Angehörige von Pflegebedürftigen
Der Grund: Viele Pflegende stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Die Zahl derer, die ihre Verwandten umfassend betreuen, ist dabei immens hoch: Rund 2,5 Millionen Menschen versorgen ihre Angehörigen zu Hause, darunter befinden sich 1,65 Millionen Frauen. Nur ein Drittel dieser Personen gehe arbeiten, jede vierte Person sei zwar berufstätig, habe die Arbeitszeit aber aufgrund der Pflege reduziert.
Hohe Kosten für Pflege
Doch für viele Pflegebedürftige besteht aus finanziellen Gründen keine Alternative zur familiären Begleitung. Trotz Unterstützung durch die Krankenkassen sind die Eigenanteile für Bewohner von Pflegeheimen immer noch ausgesprochen hoch. Laut Sozialverband VdK liegen die Kosten in der Pflege im Bundesdurchschnitt inzwischen bei mehr als 1800 Euro monatlich.
Angehörige werden selbst häufiger krank
Das zieht schwerwiegende Konsequenzen nach sich: Viele werden in Folge der hohen Belastung selbst öfter krank. So leiden 54,9 Prozent unter Rückenbeschwerden und 48,7 Prozent unter psychischen Störungen. Zum Vergleich: Bei Personen, die ihre Verwandten nicht pflegen, trifft dies nur auf 51,3 Prozent und 42,5 Prozent zu. Diese Zahlen zeigen, dass Entlastung für Angehörige von Nöten ist, die bislang allein dastehen.
Überforderung von Fachkräften
Doch auch Angestellte in der Pflege und Betreuung sind oft überlastet. Immer wieder wurden in den letzten Jahren Stimmen laut, die zeigen: Die meisten Pflegeeinrichtungen verfügen über zu wenige Angestellte. Diese wiederum müssen den Mangel oft durch Mehrarbeit ausgleichen. Zum prominenten Beispiel für den Pflegenotstand wurde 2017 der junge Auszubildende zum Gesundheits- und Krankenpfleger Alexander Jorde, der in der Talkrunde Hart aber fair die Situation in der Pflege lautstark kundtat.
Neues Gesetz im Kampf gegen Pflegenotstand
Als Reaktion auf den Pflegenotstand wurde am 7.11.2018 endlich die Erweiterung des Pflegestärkungsgesetzes mit einem Sofortprogramm zur Beseitigung personeller Engpässe beschlossen. Das Maßnahmepaket sieht eine Reihe von Veränderungen für die Pflege vor:
- In der stationären Altenpflege werden rund 13.000 neue Stellen geschaffen und durch die Krankenkassen finanziert.
- 2019 sollen die Ausbildungsvergütungen in der Kinderkrankenpflege, der Krankenpflege und der Krankenpflegehilfe im ersten Ausbildungsjahr durch die Krankenkassen übernommen werden. Auf diese Weise wird die Bereitschaft zur Ausbildung von Pflegekräften gestärkt.
- Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser sollen aus den bisher geltenden Fallpauschalen herausgenommen und vollständig refinanziert werden.
Auch wenn dies schon eine enorme Verbesserung für die Pflege bedeutet, hält DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach das nur für einen guten Anfang. Nötig sind ihrer Meinung nach Pflegepersonal-Untergrenzen und verpflichtende Personalschlüssel.
Quereinsteiger in der Pflege willkommen
Aufgrund des Fachkräftemangels in der Pflege bestehen auch für talentierte Quereinsteiger gute Berufsaussichten in der Pflege. Wichtig ist jedoch, dass man in der Lage ist, auch unter Stress zu arbeiten und dass man gerne mit Menschen zusammenarbeitet. Vergessen sollte man auch nicht, dass eine Tätigkeit in der Pflege nicht zuletzt auch körperlich anstrengend ist.
Engpässe werden nicht langfristig gelöst
Da viele Quereinsteiger jedoch nicht langfristig in der Pflege verbleiben, werden die Engpässe auch nicht nachhaltig gelöst. Das hat folgende Gründe: Viele Angestellte zeigen sich kritisch bezüglich der Arbeitsbedingungen in der Altenpflege; andere würden eine weitere Spezialisierung erwägen.
Mit welchen Arbeitsbedingungen kann man rechnen?
In der Altenpflege liegt das Einkommen nach Angaben des Wohlfahrtsverbandes bei ca. 2300 bis 2700 Euro, in der Krankenpflege sind es etwa 30 Prozent mehr. Wer qualifiziert ist und Berufserfahrung vorweisen kann, kann auch mehr verdienen. Ein Manko können die Arbeitszeiten darstellen. Wer im ambulanten Bereich arbeitet, muss allerdings nicht zwangsläufig Nacht- oder Wochenendarbeit leisten. Teilzeitbeschäftigungen sind dafür eher die Regel – unter anderem, weil es morgens und abends oft am meisten zu tun gibt.
Welche Berufsmöglichkeiten gibt es in der Pflege?
In der Pflege sind talentierte Quereinsteiger gern gesehen. Doch auch die müssen in der Regel bestimmte Mindestqualifikationen mitbringen. Wer in der Pflege durchstarten möchte, für den kommen verschiedene Ausbildungsmöglichkeiten in Betracht.
1. Als Hilfskraft arbeiten
Die Qualifizierung ungelernter Kräfte übernehmen in manchen Fällen die Pflegeheime selbst. Aber auch andere Institutionen wie das Jobcenter oder die Bundesagentur für Arbeit können eine solche Weiterbildung mit einem Fördergutschein finanzieren. In Frage kommen dafür verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten. Bei der Faktum GmbH gibt es beispielsweise die Weiterbildung Mobile Pflege. Hier erwirbt man neben Kenntnissen in der Pflege, Behandlungspflege und Betreuung auch den Führerschein Klasse B.
Wer bereits über eine einjährige Berufspraxis als Pflegehelfer verfügt, kann mit der Weiterbildung in der Behandlungspflege LG 1 und LG 2 seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitern.
2. Examinierter Altenpflegehelfer
Für wen eine längere Ausbildung an einer Pflegefachschule in Frage kommt, der kann auch eine Ausbildung zum examinierten Altenpflegehelfer durchlaufen. Die einjährige Ausbildung endet mit der staatlichen Anerkennung und wird z. B. bei Einrichtungen wie der Caritas angeboten.
3. Examinierter Altenpfleger
Die Ausbildung zum examinierten Altenpfleger ist eine klassische 3‑jährige Berufsausbildung. Die Ausbildung sollte in Erwägung ziehen, wer eine langfristige berufliche Perspektive mit Aufstiegsmöglichkeiten anstrebt. Gerade, für wen auch eine Tätigkeit als Pflegedienstleitung interessant werden könnte, sollte diesen beruflichen Weg gehen. Darüber hinaus haben examinierte Altenpfleger größere Zuständigkeitsbereiche. Wer welche Tätigkeiten ausüben darf, ist den Rahmenverträgen zwischen Pflegeeinrichtungen und Krankenkassen zu entnehmen, die sich je nach Bundesland unterscheiden.
Fazit
Der Pflegenotstand in Deutschland bringt auch etwas Gutes mit sich: Durch Fachkräfte- und Personalmangel in der Pflege sind die Jobaussichten in diesem Bereich gleichbleibend gut. Wer sich jetzt dazu entschließen sollte, in diese Branche einzusteigen, der kann insbesondere im kommenden Jahr davon profitieren, dass zusätzliche Stellen geschaffen und gefördert werden. Doch nicht jeder, der sich umorientieren möchte, ist auch für die Pflege geeignet. Wichtig ist, dass Sie gerne im Kontakt zu anderen Menschen stehen, auch unter Stress auf Hochtouren arbeiten und dabei nie den Überblick verlieren. Wenn Sie sich darin wiederfinden und auch den Körperkontakt zu Pflegebedürftigen nicht scheuen, sollten Sie den Schritt wagen!