In Zeiten, in denen es ganz normal ist, den Chef im Büro zu duzen und mit den Kollegen auch bei Facebook befreundet zu sein, scheint es, als ob es keine festen Benimmregeln mehr gäbe und ein Verhaltenskodex à la Knigge veraltet sei. Das lässt viel Raum für üble Fettnäpfchen im Berufsalltag. Wir haben uns für Sie informiert und herausgefunden, an welche Regeln Sie sich lieber halten sollten.
Dass man sich im Job an Spielregeln halten muss, erscheint selbstverständlich und beginnt schon mit der Bewerbung. Für einige mag das übertrieben erscheinen. Tut man es jedoch nicht, kann das schnell nach hinten losgehen und für Lacher auf Seiten der Personalabteilung sorgen. Das gilt natürlich genauso für alle Bereiche des Berufslebens. Wir haben uns deshalb gefragt: Wie verhält man sich im Job eigentlich richtig?
Höflichkeitsformen auch online beibehalten
Zugegeben, im persönlichen Gespräch verhalten sich die meisten einigermaßen stilsicher. Das ändert sich jedoch schnell, wenn das Gespräch nicht mehr persönlich, sondern online stattfindet (z. B. per E‑Mail oder WhatsApp). Was so vermeintlich locker daherkommt, bedeutet allerdings nicht, dass man sich nicht auch hier an gewisse Regeln zu halten hat!
Wie das aussehen kann, wenn man sich online daneben benimmt, zeigt folgendes Beispiel: Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass an der Universität gleich zu Anfang darüber aufgeklärt wurde, wie man eine E‑Mail an einen Professor schreibt. „Wie unnötig“ dachte ich damals – doch tatsächlich scheinen viele Studenten nicht zu wissen, dass man formelle E‑Mails auch tatsächlich formell halten muss. Das bedeutet, dass man die andere Person auf keinen Fall duzt, wenn man Sie nicht kennt oder das „Du“ nicht angeboten wurde. Auch auf die Nutzung von Smileys („Kann ich die Hausarbeit vielleicht etwas später abgeben? 😊“) und auf Anreden wie „Hi“ sollte verzichtet werden. Das gleiche gilt natürlich auch für das Arbeitsleben, wenn man eine E‑Mail an seinen Chef verfasst.
E‑Mails an Arbeitskollegen vs. E‑Mails an Freunde und Bekannte
Bei der Arbeit kommt erschwerend hinzu, dass Sie Ihrem Vorgesetzten oftmals tagtäglich begegnen und sich unter den Kollegen nach einer Weile ein freundschaftlicher Kontakt einstellt. Doch Vorsicht: Zwischen Arbeitskollegen und Freunden sollte unterschieden werden, gerade dann, wenn Sie sich eigentlich nicht so gut kennen.
Wer sich bei E‑Mails unsicher ist, ob der gewählte Ton angemessen ist, kann dies verhältnismäßig einfach überprüfen: Lesen Sie nach dem Verfassen (und vor dem Versenden!) jeder E‑Mail diese noch einmal ganz genau durch. Überlegen Sie dabei, ob Sie sich so ausdrücken würden, wenn Sie sich mit der jeweiligen Person persönlich austauschen würden. Würden Sie nicht? Dann ändern Sie die E‑Mail lieber noch einmal ab. (Weitere nützliche Infos finden Sie in unserem Artikel „Praxistipps: So schreiben Sie bessere E‑Mails“)
Eine weitere einfache Regel für das angemessene Formulieren von E‑Mails ist folgende: Wenn Ihre Arbeitskollegin, die sich auf der gleichen Karrierestufe wie Sie befindet, Sie in der E‑Mail mit „Hi Tina“ adressiert, dann ist es auch völlig richtig, nicht mit „Sehr geehrte Frau Schmidt“ zu antworten.
Was ist angemessen im Job?
Was generell angemessen ist und was nicht, ist natürlich von verschiedenen Faktoren abhängig, wie z. B. dem Umgangston, der auf der Arbeit vorherrscht. So findet man auf der Baustelle sicherlich einen anderen Umgangston als in einer Anwaltskanzlei vor. Orientieren Sie sich am besten an Kollegen, die sich auf der gleichen Hierarchieebene wie Sie befinden.
Und wenn ich die Kollegen privat treffe?
Natürlich können aus Arbeitskollegen auch Freunde werden. Schließlich sieht man sich bei einer Vollzeitstelle an 5 Tagen in der Woche und das von morgens bis abends. Sollten Sie sich aber sicher sein, dass sie nicht wirklich miteinander befreundet sind, so sollten Sie sich mit privaten Informationen eher bedeckt halten – zumindest mit solchen, bei denen es Sie stören würde, wenn sie dann die Runde machen.
Ist lästern verboten?
Generell heißt es ja, dass Büroklatsch gut sein kann, weil er auch zusammenschweißt gemäß dem Motto „Klatsch ist etwas Böses, das Gutes tut“ (zumindest bei denjenigen, über die nicht getratscht wird, sondern die es selbst machen). Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten! Schließlich kann Tratsch sehr verletzend und ausgrenzend sein. Wie Sie der Bürotratsche den Garaus machen können, erfahren Sie in unserem Artikel „So halten Sie schwierige Arbeitskollegen in Schach“.
Wie gehe ich mit dem Chef richtig um?
Es ist schon richtig: Vorgesetzte sind natürlich ganz verschieden und demzufolge auch unterschiedlich locker. Das bedeutet, dass von Ihnen erwartet wird, dass Sie sich Ihrem Chef gegenüber immer respektvoll verhalten. Dazu gehört beispielsweise, dass Sie Ihrem Chef nicht das „Du“ anbieten sollten. Ein solches Angebot muss immer vom Ranghöheren kommen. Außerdem sollten Sie sich vor wichtigen Terminen erkundigen, wer anwesend sein wird und welche Position diese Person innehat. Damit zeigen Sie beim Termin nicht nur Ihr Interesse, sondern verhindern es auch, in fiese Fettnäpfchen zu tappen, weil Sie Ihren Vorgesetzten gar nicht kennen.
Das andere Extrem: „Untergebene“ richtig behandeln
Auch das kommt vor: Manche Angestellte sind durchaus höflich, wenn es um ihre Vorgesetzten geht, weil sie sich davon einen Nutzen versprechen. Wenn sie dagegen auf Arbeitskollegen treffen, die vermeintlich niedriger in der Firmenhierarchie stehen, vergessen sie jeden Anstand. Das kann sich dann beispielsweise so äußern, dass jeder Arbeitskollege gegrüßt wird, nur der Hausmeister nicht.
(Doch Vorsicht: Mit dem Hausmeister sollte man es sich besser nicht verscherzen, seine Rolle im Betrieb sollte nicht zu gering eingeschätzt werden!)
Business-Knigge für Fortgeschrittene: Geschäftsessen
Für die meisten ist wohl gerade ein gemeinsames Essen abschreckend, gerade dann, wenn das Ambiente ein wenig vornehmer ist, als man es gewohnt ist. Dabei stehen gerade hier viele Online-Quellen, sogar als Download, zur Verfügung, die über die richtigen Tischmanieren aufklären.
Für viele beginnt es direkt beim eingedeckten Tisch. Welches Besteck gehört wozu? Und welches Glas ist das richtige? Hier gilt: Gläser am Tisch werden von rechts nach links verwendet, Besteck wird von außen nach innen benutzt. Alle Gläser fasst man außerdem immer am Stiel an oder im unteren Drittel und schenkt diese nur zu einem Drittel ein.
Kleiner Tipp: Wählen Sie, falls möglich, Essen aus, das man problemfrei essen kann ohne zu kleckern (z. B. Penne statt Spaghetti). Wenn man viel reden muss, empfiehlt es sich zudem eine Suppe zu bestellen, da der Mund hierbei schneller leer ist.
Was mache ich, wenn ich mir unsicher bin?
Natürlich wird es gelegentlich auch dazu kommen, dass Sie sich mit einer Situation konfrontiert sehen, in der Sie nicht weiterwissen. Dann hilft nur noch eines: Schamlose Offenheit. Sie wissen nicht, wie Sie einen Hummer essen? Dann formulieren Sie es doch auf charmante Weise, indem Sie z. B. sagen „So, hier habe ich eine echte Wissenslücke. Kann mir vielleicht jemand erklären wie ich den Hummer nun esse?“
Die häufigsten Verhaltensfehler im Berufsalltag
Auch wenn die meisten glauben, intuitiv zu wissen, welches Verhalten in welcher Situation als angemessen zu erachten ist, gibt es doch Fehler, die besonders häufig sind. Wenn Sie sich an folgende Tipps halten, sollten Sie jedoch die fiesesten Fauxpas vermeiden können.
1. Kritik immer nur unter vier Augen äußern
Sie ärgern sich seit Wochen über einen Arbeitskollegen? Sicher können Sie Probleme im Team ansprechen, das sollte aber unbedingt unter vier Augen geschehen und niemals im Beisein anderer! Ansonsten kann sich Ihr Gesprächspartner schnell blamiert vorkommen.
2. In der richtigen Reihenfolge begrüßen
Sie treffen einen Arbeitskollegen im Beisein des Chefs und begrüßen erst einmal ausgiebig den Kollegen, bevor Sie sich Ihrem Vorgesetzten zuwenden? Ein grober Fehler! Zuerst wird immer die ranghöchste Person begrüßt, danach die Älteren vor den Jüngeren und die Damen vor den Herren.
3. Visitenkarten nicht bloß einstecken
Visitenkarten stecken Sie immer gleich ein ohne sie anzuschauen? Ein grober Schnitzer! Zollen Sie einer Visitenkarte lieber mehr Respekt. Ihr Gegenüber hat sich schließlich nicht nur oft Mühe damit gegeben, sondern die Visitenkarte steht auch für ein Interesse an Ihrer Person. Also bringen Sie dasselbe Interesse entgegen und werfen Sie vor dem Einstecken der Karte einen Blick darauf. Dabei nehmen Sie die Visitenkarte in beide Hände und lesen sich die Visitenkarte ein, zwei Sekunden durch. Sollte diese besonders schön gestaltet sein, äußern Sie den Gedanken ruhig. Probieren Sie es mal. Sie werden sehen, dass sich Ihr Gegenüber freuen wird!
4. Körperabstand bei Gesprächen wahren
Wie nah wir einem Menschen kommen können, ohne dass es ihm unangenehm ist, ist unter anderem vom kulturellen Hintergrund abhängig. Während Mitteleuropäer einen Körperabstand von 150 cm vor und hinter sich mit einem etwas geringeren Abstand an der Seite bevorzugen, sind etwa Südamerikaner weniger distanziert.
So oder so ist es wichtig zu wissen: Vielen Menschen ist es unangenehm, wenn man ihnen zu nah kommt, wenn man sich noch nicht so gut kennt. Denn die soziale Beziehung entscheidet darüber, wie nah man einer anderen Person kommen darf, ohne dass sich diese unwohl fühlt. So darf etwa der Partner wesentlich näher kommen als ein guter Freund und der wiederum als ein flüchtiger Bekannter. Verstößt man dagegen, kann schnell das Gefühl aufkommen, bedrängt zu werden, was darin münden kann, dass man sein Gegenüber als weniger sympathisch einstuft. Achten Sie also darauf, dass Sie Ihrem Gegenüber nicht zu sehr auf die Pelle rücken!
5. Das Handy in der Tasche lassen
Sicher, Smartphones gehören mittlerweile einfach dazu und dominieren so gut wie alle Bereiche unseres Alltags. Ob bei der Fahrt zur Arbeit im Zug, im Urlaub, bei der Arbeit selbst oder sonst einer Gelegenheit – ständig wird das Handy gezückt. Doch auch wenn Ihre Freunde oder Ihr Partner es tolerieren, wenn Sie im Restaurant auf das Smartphone starren, so ist es doch grob unhöflich. Ob Sie nun in einem Vorstellungsgespräch oder bei einem Geschäftsessen sind – verhalten Sie sich respektvoll und lassen Sie das Handy auch mal ausgeschaltet oder lieber gleich in der Tasche. Bei einem gemeinsamen Termin sollten Sie Ihrem Gegenüber schließlich die verdiente Aufmerksamkeit und somit den nötigen Respekt entgegenbringen.
6. Seien Sie pünktlich
„Natürlich, Pünktlichkeit ist wichtig, ist doch klar“ werden Sie nun denken. Aber viele kommen bei Terminen (ein wenig) zu spät – ob sie nun im Stau standen, noch einen Parkplatz gesucht haben o. ä. Doch auf solche Eventualitäten muss man sich bereits vorher einstellen. Planen Sie also lieber ein wenig mehr Zeit ein, sodass Sie 5 Minuten vorher da sind, statt abgehetzt in ein Meeting zu platzen.
7. Alkoholverzicht
Zu bestimmten Anlässen, wie etwa einem abendlichen Geschäftsessen, gehört oft ein Glas Wein dazu. Beim Lunch ist Alkohol in Deutschland jedoch eher untypisch. Übrigens ist es laut Knigge völlig in Ordnung, Alkoholkonsum ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Auch als Gastgeber müssen Sie keinen Alkohol zu sich nehmen, sondern können getrost Alkohol ausschenken und selbst Wasser trinken.
8. Smalltalk muss immer positiv bleiben
Eine wichtige Regel lautet: Bleiben Sie bei Smalltalk immer unverfänglich. Er dient dazu, sich jenseits der Arbeit ein wenig auszutauschen. Sie wissen nicht, welche Themen in Frage kommen? Themen, über die man bedenkenlos reden kann sind: gemeinsame Bekannte, Musik, Reisen, Sport oder Hobbys. Alternativ kann man über den Ort, das Umfeld oder den Anlass sprechen – also z. B. über das Restaurant, in dem man sich gerade befindet oder die Veranstaltung, die man gerade besucht. Zu den Tabuthemen gehören: Politik, Geld, Religion, Sex und Krankheiten.
9. Tischmanieren auch am Buffet
Heutzutage wird Essen oft in Form eines Buffets gereicht, sodass sich jeder aussuchen kann, was er essen möchte. Doch auch hier gelten Regeln, die Sie zu beachten haben. Erlaubt ist, mehrfach zuzulangen. Achten Sie aber darauf, dass Ihr Teller so bestückt ist, dass Sie die Gänge trennen (z. B. Antipasti nicht neben dem Braten drapieren).
10. Mit oder ohne Titel anreden?
Ob jemand mit seinem Titel, wie z. B. „Dr.“ oder „Professor“ angesprochen werden möchte, ist ganz individuell. Viele verzichten mittlerweile auf ihren Titel und tragen diesen nicht mehr so vor sich her wie es früher noch der Fall war. Um jedoch ganz sicherzugehen, sprechen Sie Ihr Gegenüber lieber mit seinem Titel. Führt jemand mehrere Titel, so wird nur der höchste genannt.
Fazit
Über manche Verhaltensregeln ist man sich im Klaren. Doch mit guten Manieren ist es so eine Sache: Jeder glaubt, Benimmregeln zu kennen, sodass man nur allzu schnell gegen diejenigen verstößt, die man eben nicht kennt. Wenn man sich jedoch an ein paar einfache Regeln hält, kann man den schlimmsten Fauxpas vorbeugen. Und wenn Zweifel bestehen, kann es hilfreich sein, sich an den Arbeitskollegen in der direkten Umgebung zu orientieren.