Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn trat am 1. Januar 2015 durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) in Kraft. Rund 3,6 Millionen Menschen hatten dadurch Anspruch auf Lohnerhöhung. Seitdem ist der Mindestlohn angestiegen – und auch 2018 erwarten uns weitere Änderungen.
Seit seiner Einführung ist der Mindestlohn bereits gestiegen: 2017 stieg er von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde an. Damit hat der Mindestlohn besonders in den Niedriglohnbranchen einen Effekt erzielt. So stiegen etwa die Gehälter in den unteren Tarifgruppen des Gastgewerbes mit 9,9 Prozent deutlich an. Aber auch die Löhne im Einzelhandel erhöhten sich um 11,4 Prozent und in der Fleischverarbeitung um 11,6 Prozent. Damit konnte in Branchen, in denen seit Jahren die Gehälter stagnierten, eine erhebliche Lohnsteigerung beobachtet werden.
Darüber hinaus soll der Mindestlohn alle zwei Jahre angepasst werden. Dies erfolgt durch eine Kommission, die aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern besteht.
Verstöße auf Seiten der Arbeitgeber
Eine wiederkehrende Kritik zum Thema Mindestlohn ist, dass viele Arbeitnehmer den gesetzlichen Mindestlohn gar nicht erhalten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte, dass die Einhaltung des Mindestlohns nicht ausreichend kontrolliert werde. Dadurch werde ein Verstoß gegen die gesetzliche Regelung begünstigt.
Demnach käme es laut DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell vor allem in schwer zu kontrollierenden Branchen wiederholt zu Lohnzahlungen unterhalb der Mindestlohngrenze. Dies ist im Taxi- und Baugewerbe sowie der Gastronomie oft der Fall. Daher forderte er Mitte 2017 zu regelmäßigeren Kontrollen und zusätzlichen Streifenfahrten mit Spontanprüfungen auf.
Fast jeder zehnte Arbeitnehmer erhält keinen Mindestlohn
Laut einer Studie des WSI-Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung bekamen im Jahr 2016 etwa 2,7 Millionen Beschäftigte nicht die damals vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde. Das ist fast jeder zehnte Arbeitnehmer. Hierbei sind legale Ausnahmen vom Mindestlohn bereits berücksichtigt.
Dennoch wurde mit dem gesetzlich beschlossenen Mindestlohn eine enorme Besserung erzielt. Die Hans-Böckler-Stiftung geht davon aus, dass vor 2015 noch etwa fünf Millionen Arbeitnehmer weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient haben.
Gültigkeit des Mindestlohns
Doch immer wieder werden Möglichkeiten gesucht, den Mindestlohn zu umgehen. So wurden seit der Einführung des Mindestlohns wiederholt Fälle bekannt, deren Klärung vor dem Bundesarbeitsgericht stattfinden musste. Viele Urteile des Bundesarbeitsgerichts fielen dabei sehr arbeitnehmerfreundlich aus. Der Mindestlohn gilt mittlerweile auch bei Nachtarbeit, an Feiertagen, bei Krankheit und Bereitschaftsdiensten.
Mindestlohn gilt auch für Praktikanten
Generell haben auch Praktikanten einen Anspruch auf Zahlungen gemäß des Mindestlohns. Hierbei gibt es jedoch einige Ausnahmen. Die Mindestlohnregelung gilt nicht, wenn es sich bei dem Praktikum um ein
- freiwilliges Orientierungspraktikum zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums,
- freiwilliges ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum,
- durch eine schulrechtliche Bestimmung, eine Ausbildungsordnung oder eine hochschulrechtliche Bestimmung vorgeschriebenes Pflichtpraktikum oder ein Praktikum im Rahmen der Ausbildung an einer Berufsakademie oder
- ein Praktikum im Rahmen einer Einstiegsqualifizierung nach dem SGB III oder eine Maßnahmen einer der Berufsausbildungsvorbereitung nach dem Berufsbildungsgesetz handelt.
Wenn man allerdings ein freiwilliges Orientierungspraktikum zur Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums (oder ein Praktikum begleitend zur Ausbildung) absolviert, das länger als drei Monate andauert, besteht ein regulärer Anspruch auf die Zahlung des Mindestlohns.
Habe ich während des Praktikums einen Anspruch auf Mindestlohn?
Ist man sich unsicher, ob man im Praktikum einen Anspruch auf die Zahlung des Mindestlohns hat, so kann ein Klickpfad auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales weiterhelfen. Hier kann man in einem Formular auswählen, um was für ein Praktikum es sich handelt und kann dadurch auf die Schnelle ermitteln, ob ein Anspruch besteht.
Mindestlöhne im Rest Europas steigen stärker
In anderen Ländern Europas steigt der Mindestlohn vergleichsweise stärker an als in Deutschland. In rund 22 Ländern Europas existiert ein Mindestlohn. Davon stieg er 2017 in nur drei Ländern nicht an: Deutschland, Luxemburg und Griechenland. In den anderen Ländern stieg der Mindestlohn 2017 dagegen um durchschnittlich 4,4 Prozent.
Zusätzlich ist der Mindestlohn in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern relativ niedrig. In Belgien liegt die Lohnuntergrenze beispielsweise bei 9,47 Euro, in den Niederlanden bei 9,68 Euro und in Frankreich bei 9,88 Euro. In Luxemburg beträgt der Mindestlohn sogar 11,55 Euro.
Das ist gerade angesichts steigender Verbraucherpreise für deutsche Arbeitnehmer ungünstig. Jemand, der in Deutschland zum Mindestlohn arbeitet, kann sich damit aktuell weniger leisten als noch vor einem Jahr.
Neue Mindestlöhne 2018
Doch 2018 stehen auch für deutsche Arbeitnehmer endlich wieder Änderungen hinsichtlich des Mindestlohns an: Die Ende 2017 beschlossenen Neuerungen betreffen Gebäudereiniger, Dachdecker und Mitarbeiter des Baugewerbes. Diese traten am 1. Januar 2018 in Kraft. Nun sind die Lohnuntergrenzen allgemeinverbindlich – damit gelten sie ab 1. März für alle Beschäftigten, also auch für Angestellte in nicht tarifgebundenen Unternehmen. Ab 2018 erhalten damit gelernte Dachdecker oder fachlich Qualifizierte einen Mindestlohn von 12,90 Euro pro Stunde. Im Baugewerbe erhalten Ungelernte bundesweit einen Stundenlohn von mindestens 11,75 Euro und Beschäftigte in der Gebäudereinigung erhalten künftig 10,30 Euro statt 10 Euro.
Auch wenn nicht alle Branchen betroffen sind, profitieren doch viele von der Anhebung des Mindestlohns: Rund fünf Millionen Menschen, die in der Baubranche arbeiten, eine Million Gebäudereiniger und etwa 64.000 Beschäftigte im Dachdecker-Handwerk erhalten dadurch zukünftig mehr Lohn.
Mindestlohn auch für Auszubildende
In Zukunft könnten sogar Auszubildende profitieren: Die große Koalition plant nämlich einen Mindestlohn für Auszubildende. Das wäre vor allem für die Auszubildenden von Vorteil, die bisher besonders niedrige Ausbildungsgehälter in Kauf nehmen mussten. Das Gesetz soll bis zum 1. August 2019 beschlossen werden und zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund empfiehlt eine Zahlung in Höhe von 80 Prozent der durchschnittlichen Tarifvergütung aller Berufe. Die Vergütung würde demnach im
- ersten Lehrjahr bei 635 Euro,
- zweiten Jahr bei 696 Euro,
- dritten bei 768 Euro und
- vierten Jahr bei 796 Euro liegen.
Noch ist dies zwar nicht abschließend verhandelt, allerdings steht der Beschluss bereits im Koalitionsvertrag.
Mindestlohnhotline für Rückfragen
Wenn Sie Fragen zum Thema Mindestlohn haben, besteht die Möglichkeit, das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) unter folgender Nummer in Anspruch zu nehmen: 030 60280028
Fazit
Je nach Branche gibt es immer noch starke Lohnunterschiede. Allerdings haben seit der Einführung des Mindestlohns viele Menschen davon profitiert und die Verhandlungen zum Mindestlohn finden auch in Zukunft regelmäßig statt. Daher darf man auch in den kommenden Jahren auf die weitere Lohnentwicklung gespannt sein!