Kinderkleidung und Spielsachen sind teuer – in der Faktum Kinderwelt können Bedürftige gespendete Kleidung und Spielzeug kostenlos einkaufen! Gerade, wenn man ohnehin schon auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, kann man es sich nicht immer leisten, Neues anzuschaffen. In der Kinderwelt werden Spenden aufbereitet, repariert, gereinigt und am Ende verkauft. Einkaufen kann man hier aber nicht mit Geld, sondern ausschließlich mit Punkten.
Kinder wachsen andauernd aus ihrer Kleidung heraus und auch Spielzeuge sind schnell wieder uninteressant. Das ist gerade dann problematisch, wenn der eigene Geldbeutel schmal ist. Auf der anderen Seite wissen viele gar nicht, was sie mit einmal gebrauchten Artikeln machen sollen. Gerade Kleidung landet dann oft auf dem Müll. Rund eine Milliarde noch tragbarer Kleidungsstücke werfen allein die Deutschen jährlich weg.
Spielzeug und Kinderkleidung gegen Punkte
Seit 2013 gibt es die Faktum Kinderwelt in Dinslaken als Bestandteil der Arbeitsmarktvorbereitung Aktivcenter. Kundinnen und Kunden des Jobcenters können hier ihre Eignung für die Arbeit im Verkauf erproben. Nach Mönchengladbach hat Anfang 2017 die mittlerweile dritte Kinderwelt in Erkelenz eröffnet.
Die Faktum Kinderwelt im Faktencheck
Kleidung kaufen mit Punkten? Wie soll das denn gehen und woher bekommt man diese Punkte? Das wollten wir uns direkt vom Fachmann erklären lassen. Diplom-Pädagoge Christian Kaufmann arbeitet seit nunmehr 6 Jahren bei Faktum und ist bei der Kinderwelt von Anfang an mit dabei.
faktumblog: Hallo Herr Kaufmann, seit kurzem ist die Kinderwelt auch in Erkelenz vertreten. Wer arbeitet dort denn aktuell?
Christian Kaufmann: In Erkelenz bin zum einen ich eingesetzt, aber ich bin nicht allein in der Kinderwelt: Tanja Maßen hat die künstlerische Betreuung unserer Projektteilnehmer/-innen übernommen und Anna Zaharova betreut sie sozialpädagogisch. Und da wären natürlich die übrigen Mitarbeiter/-innen bei Faktum, die tatkräftig am Erfolg der Kinderwelt mitwirken.
faktumblog: Was ist die Kinderwelt denn eigentlich?
Christian Kaufmann: Die Kinderwelt ist ein soziales Projekt, in dem Leistungsempfänger (ALG 2), Flüchtlinge und Asylbewerber ohne Geld nach Vorlage ihres Leistungsbescheides Punkte gegen Spielzeuge und Kinderbekleidung eintauschen können.
faktumblog: Und wie genau funktioniert das?
Christian Kaufmann: Man kommt zu uns und legt einen Leistungsbescheid vor. Dann wird man in unserer Kundenkartei aufgenommen und erhält, solange der Leistungsbescheid gültig ist, eine entsprechend lang ausgestellte Kundenkarte.
Auf der Kundenkarte sind Kreise abgebildet: Jeder Kreis hat einen Wert von 10 Punkten. Pro Monat hat man 10 Kreise, also insgesamt 100 Punkte auf seiner Karte und das wiederum für 12 Monate. Wenn man etwas kauft, wird der entsprechende Betrag an Punkten bzw. die jeweilige Anzahl an Kreisen beim Eintausch entwertet.
faktumblog: Und jeder bekommt 100 Punkte?
Christian Kaufmann: Jeder bekommt 100 Punkte. Es gibt 100 Punkte, egal wie viele Kinder man hat. Ein geschenkter 100 Euro-Schein wäre ja auch nur einmal da.
Allerdings kann man für jedes Kind, das man hat, drei Teile kaufen. Das heißt: wenn man drei Kinder hat, kann man insgesamt neun Teile kaufen. Wir haben uns diese Grenze von drei Teilen pro Kind gesetzt, damit nicht nachher auf einen Schlag die ganzen schönen kleinen Teile weg sind.
faktumblog: Kann man auch als Nicht-ALG-2-Bezieher in der Kinderwelt einkaufen?
Christian Kaufmann: Nein, das geht nicht. Also Menschen, die ihre Leistungen nicht vom Jobcenter, sondern von der Stadt bekommen, schon – das heißt Asylbewerber und Flüchtlinge. Aber ansonsten nicht. Die Kinderwelt ist ja gedacht für die, die sich im Alltag eben nicht alles leisten können und nicht für Schnäppchenjäger.
faktumblog: Muss man dafür Kunde bei Faktum sein?
Christian Kaufmann: Nein, aber es betrifft natürlich auch unsere Kunden. Denn die können ebenfalls ihre Punkte eintauschen, weil sie ja auch im Leistungsbezug sind.
faktumblog: Muss man dafür in Erkelenz gemeldet sein?
Christian Kaufmann: Der Leistungsbescheid muss aus dem Kreis Heinsberg sein, das kann also zum Beispiel auch Wegberg sein. Der Kreis Heinsberg ist für uns aber entscheidend.
faktumblog: In welchen Städten gibt es die Kinderwelt und seit wann schon?
Christian Kaufmann: Das erste Geschäft gibt es seit einigen Jahren in Dinslaken. Die Kinderwelt in Rheydt folgte im Mai 2014. Und in Erkelenz sind wir jetzt seit dem 18. Januar dieses Jahres.
Das Schöne: Vorher war hier in Erkelenz eine recht unansehnliche Bankfiliale. Wir haben die Räumlichkeiten dann selbst verschönert und kindgerecht gestaltet.
faktumblog: Und wer sind die Mitarbeiter?
Christian Kaufmann: In der Kinderwelt arbeiten Frauen und Männer, die an dem Projekt Aktivcenter in Erkelenz teilnehmen. Momentan sind es vor allem alleinerziehende Mütter, die bei uns arbeiten.
faktumblog: Was ist das Aktivcenter?
Christian Kaufmann: Im Großen und Ganzen soll es dazu dienen, die Projektteilnehmer/-innen an den Arbeitsalltag im Verkauf heranzuführen. Sie bekommen einen Überblick über Lager und Verwaltung, werden im Umgang mit schwierigen Kunden unterrichtet und so weiter. Am Ende können sie dann mit Sicherheit sagen: „Ja, der Verkauf ist das richtige für mich“ oder eben „Nein, das passt nicht.“
Dazu gehören beispielsweise Frauen mit teilweise 7, 8 oder 9 Jahre alten Kindern, bei denen allmählich wieder die Rückkehr in den Beruf ansteht. Denen wird mit diesem Projekt die Möglichkeit geboten, in diese Fachrichtung hineinzuschnuppern, um sich vielleicht dafür zu entscheiden. Nicht für jeden ist das etwas, aber sie haben es auf jeden Fall probiert und können sich ein Bild machen, das ist sehr viel wert.
Unsere Mitarbeiterin Tanja Maßen war übrigens selbst einmal Teilnehmerin im Aktivcenter in Mönchengladbach-Rheydt, bevor sie vor drei Monaten bei Faktum eingestellt wurde. Jetzt betreut sie die künstlerische Arbeit der Teilnehmerinnen und steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
faktumblog: Wie kann man spenden und was genau?
Christian Kaufmann: Die ursprüngliche Idee war mal, nur Kinderspielzeug anzunehmen. Aber dann haben wir Kinderbekleidung mit dazugenommen und das ist jetzt der eigentliche Renner. Wir haben uns aber die Grenze bei 14 Jahren plus minus gesetzt, d. h. wir haben Kleidung bis Größe 164 im Angebot als Grenze nach oben. Nach unten haben wir vom Spielzeug bis zur Babyrassel alles da.
Die Spenden müssen auch nicht in perfektem Zustand sein. Kommen Spenden rein, machen wir dann alles, was nötig ist: Wir reparieren, wir reinigen und desinfizieren, sodass auch Plüschtiere wieder wie neu sind.
faktumblog: Was macht man, wenn man etwas zu spenden hat? Kommt man dann einfach vorbei?
Christian Kaufmann: Ja, die meisten bringen die Spenden einfach vorbei oder sie kommen vorher in den Laden und fragen: „Kann man das hier gebrauchen?“
Das Schöne ist: Die kommen auch tatsächlich wieder und laden die Sachen hier aus. Das funktioniert vor allem in Erkelenz sehr gut, muss ich sagen. Das liegt auch an der Gemeindeform, schätze ich, hier ist es einfach ein wenig ländlicher und dadurch sehr gemeinschaftlich.
faktumblog: Gibt es noch etwas, das benötigt wird?
Christian Kaufmann: Das kann man eigentlich nicht so sagen. Unser Kundenstamm ist noch recht klein und Anfragen sind auch saisonal bedingt.
Aber wenn das neue Schuljahr oder der Kindergartenstart vor der Tür stehen, dann benötigen wir natürlich immer alles an Schulmaterial und dergleichen. Diese Dinge benötigen wir natürlich auch außer der Reihe, die Spenden können wir schließlich nicht steuern.
faktumblog: Gibt es auch richtig große Spielsachen?
Christian Kaufmann: Es gibt schon richtig tolle Dinge wie zum Beispiel Kinderwagen, die wie neu sind. Die werden von uns dann auch mit mehr Punkten belegt. Auch Kinderschreibtische oder Hochbetten sind schon mal dabei.
Wobei das natürlich unsere Orchideen sind, wenn die reinkommen. Normalerweise geht das über andere Stellen oder innerhalb der Familie weg, da haben wir großes Glück, wenn wir an sowas rankommen. Wir versuchen dann, den Wert im Internet zu ermitteln und bieten die Artikel zu einer fairen Anzahl an Punkten an. Man darf auch nicht vergessen: Am Ende sind die Sachen immer noch geschenkt!
faktumblog: Was war Ihr schönstes Erlebnis bislang?
Christian Kaufmann: Einmal waren Eltern mit ihrem Kind da, das vom Down-Syndrom betroffen war, und am Anfang überhaupt keine Lust hatte, bei uns zu sein. Aber am Ende haben wir den Jungen so richtig glücklich gemacht, da ist er mit einem richtig breiten Grinsen gegangen. Das war toll.
Das Schönste ist einfach, wenn man weiß, dass die Sachen dann später auch in den richtigen Händen sind und sich jemand so richtig darüber freut.
Übrigens sind Lego und Duplo, also die alten Klassiker, immer noch der Renner. Wenn wir da was reinbekommen, versuchen unsere Mitarbeiterinnen, das nach Themen zu organisieren und das wird besonders gern genommen.
faktumblog: Und wie ist die neue Kinderwelt eingeschlagen?
Christian Kaufmann: Die kommt gut an. Zum Beispiel kommen Helfer eines Vereins aus Erkelenz, der sich um Asylbewerber kümmert, gerne mit ihren Schützlingen bei uns vorbei. Aber auch andere zeigen reges Interesse, zum Beispiel waren wir nun schon zweimal in der Zeitung. Und wir sind ja auch noch ganz neu in Erkelenz, also die Tendenz ist steigend!
faktumblog: Und wo finden wir die Kinderwelt in Erkelenz?
Uns findet man in der in der Kölner Straße 39. Wir freuen uns über jeden Besuch!
faktumblog: Vielen Dank, Herr Kaufmann! Wir wünschen weiterhin viel Erfolg!
Spielzeugspenden: So können Sie die Kinderwelt unterstützen
Haben Sie alte oder kaputte Spielsachen, die Sie nicht mehr brauchen? Dann packen Sie die doch einfach in eine unserer Sammelkisten, die Sie in vielen Kindergärten und ‑tagesstätten in der Region finden. Alternativ können Sie sie auch direkt in den Ladenlokalen der Faktum Kinderwelt abgeben.
Standorte der Faktum Kinderwelt
Faktum Kinderwelt Mönchengladbach
Hauptstraße 7 – 9, 41236 Mönchengladbach
Telefon: 02166 998 55 32
Mo. bis Fr. von 8.30 bis 16 Uhr geöffnet
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Faktum Kinderwelt Dinslaken
Friedrich-Ebert-Straße 22, 46535 Dinslaken
Telefon: 02064 82 98 – 495
Mo. bis Fr. von 8 bis 16 Uhr geöffnet
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Faktum Kinderwelt Erkelenz
Kölner Straße 39, 41812 Erkelenz
Telefon: 02431 805 11 88
Mo. bis Fr. von 8.30 bis 16 Uhr geöffnet
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Weitere Infos gibt es unter:
RP Online Erkelenz: Gezahlt wird mit Punkten, nicht mit Geld
RP Online Dinslaken: 100 Punkte für Schönes aus der Kinderwelt