Missverständnisse in der Kommunikation entstehen im beruflichen wie im privaten Alltag. Im Beruf können sie uns aber das Leben besonders schwer machen, da wir uns Arbeitskollegen nicht aussuchen können. Schnell reagiert jemand anders als man das erwartet hätte und man fragt sich, womit man diese Reaktion eigentlich hervorgerufen hat. Wir haben uns der Frage gestellt: Was passiert, wenn wir miteinander kommunizieren?
Zwischenmenschliche Kommunikation klingt zunächst einmal ganz leicht. Sie besteht nach Luhmann aus drei Schritten: Sie findet zwischen zwei Personen statt, wobei am Anfang eine Information steht, die eine Person mitteilt und eine weitere Person versteht. Allerdings kann die übermittelte Information richtig oder eben falsch verstanden werden. Aber woran liegt das?
Sachliche Ebene der Kommunikation
Unter anderem vermitteln wir natürlich reine Informationen. Wir tauschen uns über Inhalte aus und verbalisieren beispielsweise Beobachtungen. Das ist in unserem Alltag auch notwendig: Auf diese Weise schaffen wir Orientierung für uns und andere, da Mitteilungen in beide Richtungen funktionieren. So weit, so gut. Wenn das alles wäre, dann würde es wohl keine nervenaufreibenden Meetings und keine Auseinandersetzungen mit dem Kollegen mehr geben.
Schauen wir uns das einmal anhand eines Beispiels an: Ein Ehepaar sitzt im Auto, die Frau am Steuer, der Mann auf dem Beifahrersitz. Der Ehemann sagt: „Die Ampel ist grün.“ Wie könnte die Frau diese Aussage nun verstehen? Sicher, auf der Sachebene wird eine Aussage darüber getroffen, welche Farbe die Ampel anzeigt. Aber würden Sie das auch so verstehen?
Die nonverbale Ebene
Wie wir etwas verstehen, hängt nämlich nicht unbedingt davon ab, welchen Inhalt das hat, was wir sagen. Hinzu kommen noch die Dinge, die wir auf der nonverbalen Ebene mitteilen. Gemeint sind damit all jene Dinge, die wir zwar nicht aussprechen, aber trotzdem vermitteln. Dazu gehören:
- das Blickverhalten
- die Mimik
- die Gestik
- die Art und Weise, wie wir unser gegenüber berühren (Taktilität)
- die räumliche Distanz (interpersonaler Raum), die wir einnehmen
- stimmliche Merkmale (Tonfall, Sprechgeschwindigkeit, Betonungen, Pausen etc.)
Sie glauben das nicht? Denken wir noch einmal an das Beispiel mit dem Ehepaar im Wagen und wie unterschiedlich die Aussage „Die Ampel ist grün“ durch nonverbale Signale wirken kann:
- Beispiel: Der Ehemann kneift die Augenbrauen zusammen und deutet mit einer heftigen Armbewegung auf die Ampel und sagt „Die Ampel ist grün.“
- Beispiel: Der Ehemann berührt seine Frau am Oberschenkel, nickt in Richtung der Ampel und sagt lächelnd „Die Ampel ist grün.“
Im ersten Beispiel drückt der Ehemann aus, wie genervt er davon ist, dass seine Frau nicht bemerkt hat, dass die Ampel grün ist, und suggeriert damit vielleicht sogar, dass sie beim Fahren andauernd unaufmerksam ist. Im zweiten Beispiel dagegen macht der Ehemann freundlich darauf aufmerksam, dass seine Frau vielleicht zu sehr in Gedanken war, um zu bemerken, dass die Ampel grün ist.
Die paraverbale Ebene
Welche Bedeutung eine Aussage hat, hängt also ganz entscheidend davon ab, welche Signale wir unserem Gesprächspartner außerdem senden. Natürlich ist das nicht immer so überspitzt wie in den oben genannten Beispielen. Meistens sind uns die Signale, die wir senden, sogar nicht mal bewusst. So kann es passieren, dass man eine Aussage mit einem anderen Gesichtsausdruck paart als man eigentlich beabsichtigt hat – und schon hängt der Haussegen schief.
Als ob das nicht schon kompliziert genug wäre, kommt jedoch noch eine weitere Ebene hinzu: die Parasprache. Gemeint sind damit die individuellen Eigenschaften eines Sprechers. Diese schlagen sich unter anderem in seiner Stimmlage, dem Sprechverhalten wie der Artikulation, der Lautstärke, dem Sprechtempo und der Sprachmelodie nieder.
Das lässt sich leicht nachvollziehen, wenn man sich jemanden vorstellt, der sehr langsam und monoton spricht. Da fällt es eher schwer, sich von einer solchen Person mitreißen zu lassen. Als Verkäufer könnte es jemand, der so spricht, daher schwer haben.
Nonverbale und paraverbale Kommunikation nutzen
Es ist zum Glück aber nicht so, dass man dadurch bloß Missverständnisse auslösen kann. Die nonverbale und paraverbale Ebene der Kommunikation sind sogar sehr wichtig, damit wir klarmachen können, was wir sagen wollen. Sie setzen das, was wir sagen, quasi in den richtigen Kontext. Aber was kann man nun eigentlich dagegen tun, dass man falsch verstanden wird?
Kommunikation verstehen
Wann immer kommuniziert wird, bietet das Raum für Missverständnisse. Das liegt nicht nur daran wie der Sprecher etwas sagt und welche Stimmlage er dabei hat etc. Das liegt vor allem daran, dass Kommunikation immer zwischen Personen stattfindet, die jeweils eigene Überzeugungen mit in das Gespräch einbringen. Leichter wird es, wenn man versteht, was beim Kommunizieren eigentlich geschieht.
Ein Beispiel dafür wäre eine Frau, der es nicht gefällt, wenn sie kurze Haare trägt. Leider hat ihr Friseur die Haare viel zu kurz geschnitten. Wenn ihre Freundin ihr also sagt „Schöne Frisur, viel kürzer als beim letzten Mal!“, dann kann es leicht dazu kommen, dass sie dies als Kritik auffasst. Schließlich bewertet sie „kürzer“ als etwas Negatives, wohingegen ihre Freundin das gar nicht so bewerten muss.
Die 4 verschiedenen Aspekte der Kommunikation
Dem Phänomen, dass Nachrichten von zwei Gesprächspartnern unterschiedlich gedeutet und gewichtet werden, hat sich Schulz von Thun in seiner Theorie des Vier-Ohren-Modells gewidmet. Denn immer dann, wenn Nachrichten zwischen dem Sender einer Nachricht und dem Empfänger derselben unterschiedlich bewertet und gewichtet werden, können leicht Missverständnisse und in der Folge Konflikte entstehen. Nach Schulz von Thun hat jede Nachricht vier Ohren (oder auch vier Seiten):
1. Sachebene
Auf die Sachebene sind wir ja bereits zu Anfang gestoßen. Das ist die Ebene, auf der man es nur mit der reinen Aussage und den Fakten zu tun hat.
2. Selbstoffenbarung
Mit jeder Aussage, die wir fällen, geben wir zugleich etwas über uns preis. Das liegt in der Natur der Sache: Weil wir bestimmte Ansichten über uns und andere haben, wählen wir die Dinge, die wir sagen, entsprechend aus.
3. Beziehungsebene
Auf der Beziehungsebene wird klar gemacht wie sich der Sender und der Empfänger einer Nachricht zueinander verhalten bzw. in welcher Beziehung sie stehen. Sind sie befreundet? Ist der Sender der Nachricht verärgert oder lehnt die andere Person sogar ab?
4. Appell
Wir sprechen in aller Regel nicht einfach nur, um zu sprechen. Direkt oder indirekt appellieren wir damit immer an unser Gegenüber. Ob man nun beabsichtigt, dass das Verhältnis zueinander enger wird oder ob man möchte, dass die andere Person etwas für einen tut – meistens steckt, ob bewusst oder unbewusst, ein Appell an jemanden hinter unserer Aussage.
Beispiel: „Was ist das Grüne in der Soße?“
Aber schauen wir uns einmal ein konkretes Beispiel an. Ein Mann sieht Kapern in der Soße und fragt: „Was ist das Grüne in der Soße?“ Teilt man diese Aussage auf die unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation nach Schulz von Thun auf, käme Folgendes dabei heraus:
- Sachebene: „Da ist etwas Grünes.“
- Selbstoffenbarung: „Ich weiß nicht, was es ist.“
- Beziehung: „Du wirst es wissen.“
- Appell: „Sag mir, was es ist!“
Die Frau versteht den Mann auf den verschiedenen Ebenen dagegen so:
- Sachebene: „Da ist etwas Grünes.“
- Selbstoffenbarung: „Mir schmeckt das Essen nicht.“
- Beziehung: „Du bist eine miserable Köchin!“
- Appell: „Lass das nächste Mal das Grüne weg!“
Die Frau dagegen könnte nun gereizt antworten: „Mein Gott, wenn es dir hier nicht schmeckt, kannst du ja woanders essen gehen!“
Wege aus der Kommunikationsfalle
An diesem Beispiel kann man gut erkennen, wie eine Nachricht beim Sender und Empfänger auf der Sachebene zwar völlig gleich bleibt, die Gesprächspartner aber zu unterschiedlichen Schlüssen kommen. Vermeiden kann man dies, wenn man einige einfache Regeln beachtet:
1. Nicht verallgemeinern
Bestimmte Aussagen sind Gift für eine erfolgreiche Kommunikation. Dazu gehören verallgemeinernde Aussagen wie immer, nie, andauernd usw. Wenn Sie einen Appell an eine andere Person mit diesen Wörtern versehen, ist Stress beinahe vorprogrammiert. Versuchen Sie daher unbedingt, nicht zu verallgemeinern und bei der konkreten Situation zu bleiben.
2. Ich-Aussagen
Viele sprechen gar nicht konkret von dem, was sie persönlich wollen. Stattdessen verfallen sie in einen Singsang aus „Du-Aussagen“ wie zum Beispiel „Du hast den Müll nicht runtergebracht“ oder „Kannst du nicht…?“
Schnell entsteht bei der anderen Person dann der Eindruck, dass sie mit Vorwürfen konfrontiert wird. Versuchen Sie Ihr Anliegen daher lieber in Ich-Aussagen (oder Wir-Aussagen) umzuwandeln. Das sorgt dafür, dass sie sich sprachlich nicht so sehr von der anderen Person abgrenzen und somit für eine wohlwollendere Atmosphäre.
3. Die Signale beobachten
Dass jeder beim Kommunizieren auch Signale sendet, wissen wir nun. Interessant wäre es nun, diese auch noch bewusst zu registrieren und dadurch womöglich richtig(er) zu deuten. Versuchen Sie daher, die Gestik, Mimik etc. der anderen Person genau zu reflektieren. Ist diese Person wirklich sauer oder wirkt sie nicht vielleicht doch eher unsicher?
4. Fragen stellen
Wichtig ist nicht nur, dass sie sich richtig ausdrücken, sondern auch, dass sie sicherstellen, die Aussagen Ihres Gegenübers auch auf der Sachebene richtig zu verstehen. Stellen Sie daher auch Rückfragen, wenn etwas nicht ganz klar geworden ist. So vermeiden Sie unnötige Missverständnisse.
5. Richtig zuhören
Das ist wohl das, das den meisten am schwersten fällt: Das richtige Zuhören. Jeder möchte gerne mitteilen, was er mitzuteilen hat – zum Zuhören bedarf es aber dem nötigen Maß an Geduld und Feingefühl. Gehen Sie daher nicht einfach über das hinweg, was Ihr Gesprächspartner sagt. Signalisieren Sie, dass Sie interessiert sind!
Das kann darin bestehen, die andere Person nicht zu unterbrechen, aber auch darin, mit Ihrer Gestik und Mimik zu zeigen, dass Sie wirklich zuhören. Das können Sie erreichen, indem Sie Augenkontakt halten, nicken und Rückfragen stellen. Klingt einfach – schaffen die meisten Menschen aber kaum!
Fazit
Kommunikation ist sehr komplex und bietet viel Raum für Missverständnisse. Wenn man aber näher betrachtet, was beim Kommunizieren passiert und schief laufen kann, wird einem klar, dass die meisten Missverständnisse völlig unnötig sind und hätten vermieden werden können.
Nehmen Sie sich daher unsere Tipps zu Herzen und probieren Sie es gleich aus, beispielsweise bei Ihren Liebsten. Sie werden sehen wie sich Ihre Missverständnisse fast vollständig in Luft auflösen! Und wenn nicht? Dann liegt der Grund klar auf der Hand. Zur Kommunikation bedarf es immer zwei Parteien. Wenn Ihr Gesprächspartner Sie also wieder einmal missversteht, machen Sie doch einfach das: Lassen Sie ihn diesen Artikel lesen!