Herzrasen, kalter Schweiß, Übelkeit – diese Symptome kennen viele Leidgeplagte vor wichtigen Prüfungen. Doch was steckt eigentlich hinter Prüfungsangst und vor allem: Was kann man dagegen unternehmen?
Die Allermeisten haben irgendwann einmal eine wichtige Prüfung zu absolvieren. Das A und O einer erfolgreichen Prüfung ist dabei nicht nur, den Lernstoff gut verinnerlicht zu haben, sondern auch während der Prüfung ruhig zu bleiben und einen klaren Kopf zu bewahren. Durch den Bestehensdruck sind viele aber von starken Versagensängsten geplagt.
Die negativen Impulse wie etwa Herzrasen und Übelkeit, die vielen nur allzu gut bekannt sind, sind dabei eigentlich fehlgeleitete Instinkte, nämlich Signale, die zur Flucht aufrufen. Bis zu einem gewissen Grad kann Stress sogar nützlich sein: Der Körper setzt die Hormone Adrenalin und Cortisol frei, der Puls wird beschleunigt, der Verdauungsapparat gedrosselt, die Pupillen weiten sich und die Sauerstoffversorgung und die Denkleistung verbessern sich. Dadurch setzt man augenblicklich genug Energie frei, um Spitzenleistungen zu erbringen. In der Steinzeit hat das Leben gerettet – heutzutage jedoch machen diese Instinkte uns das Leben schwer, nämlich genau dann, wenn der Stress zu groß wird. Dann reagiert der Körper mit Bluthochdruck, Verdauungsproblemen, Konzentrationsmangel und Denkblockaden – im schlimmsten Fall mündet das im sogenannten Blackout.
Menschen mit Prüfungsangst sind dabei meistens nicht schlechter in dem, was sie tun, als ihre entspannteren Kollegen, haben es aber ungleich schwerer. Besonders gefährdet, unter Prüfungsangst zu leiden, sind vor allem die, die nicht gut vorbereitet sind, und diejenigen, die besonders ehrgeizig sind. Ersteren wird spätestens in der Prüfung klar, dass sie sich zu wenig mit dem Lernstoff auseinandergesetzt haben und verfallen dann oft in Panik. Die besonders Ehrgeizigen dagegen setzen sich selbst so unter Druck, eine besonders gute Leistung erbringen zu müssen, dass sie damit Gefahr laufen, sich selbst zu torpedieren.
Ein Lichtblick: Wer weiß, dass er unter Prüfungsangst leidet, kann auch aktiv dagegen vorgehen. Damit Ihre Prüfung nicht zur Bruchlandung wird, haben wir deshalb nach nützlichen Tipps gesucht, mit denen Sie sich dennoch wichtigen Abschlussprüfungen stellen können:
10 Tipps gegen Prüfungsangst
1. Lernen lernen
Viele starten bereits unglücklich in die Vorbereitungsphase der Prüfung. Sie beginnen beispielsweise viel zu spät mit dem Lernen und lernen stattdessen kurzfristig und sehr viel auf einmal. Oder sie glauben, dass sie nachts am besten lernen können und lernen dann mit der Unterstützung von Koffein die Nacht vor der Prüfung durch. Es ist jedoch wichtig zu verstehen wie unser Gedächtnis funktioniert: Unser Gehirn kann pro Tag nicht unerschöpflich viele neue Informationen verarbeiten und ein gesunder Schlaf ist hierfür zudem unverzichtbar. Hinzu kommt, dass viele keinesfalls nachts am produktivsten sind. So sind die meisten Menschen mit leichten Abweichungen zwischen 9 und 12 Uhr morgens sowie zwischen 15 und 18 Uhr am aufnahmefähigsten. Außerdem sollten unbedingt auch Pausen eingelegt werden, damit das Gehirn ruhen kann und die Zeit bekommt, das Gelernte zu verarbeiten.
Es empfiehlt sich jedoch immer, kürzere Lerneinheiten einzulegen und vor allem auf viele Wiederholungen des Lernstoffes zu setzen. Am besten funktioniert das, wenn man in Phasen lernt: Erst kommt die Vorbereitungsphase, in der man den Lernstoff sortiert und absteckt, was man lernen möchte, dann die Lernphase selbst, in der man neuen Stoff durchgeht. Darauf folgt die Wiederholungsphase, während der man sich mit Lernstoff auseinandersetzt, den man zum Teil schon wieder vergessen hat und dann die Abschlussphase, in der kontrolliert wird, ob man den Lernstoff beherrscht.
Vielen hilft es darüber hinaus, wenn sie einen festen Arbeitsplatz haben. Statt also auf der Couch beim Fernsehen zu lernen, sollte man sich zu Hause einen Arbeitsplatz einrichten. Das muss nicht zwangsläufig ein Schreibtisch sein. Auch der Balkon oder ein Tisch in der Bibliothek eignen sich dazu. Die Hauptsache ist, Sie finden einen Ort, an dem Sie sich wohl fühlen und vor allem nicht abgelenkt werden. Daher bietet sich vor allem ein Plätzchen jenseits der Couch an, das mit Ihrer Freizeit nichts zu tun hat – auch, damit Sie nach dem Lernen wirklich abschalten können.
2. Positiv denken
» Ich muss die Prüfung unbedingt bestehen. Wenn ich durchfalle, wäre das eine Katastrophe … «
Malt man sich schon vorher aus wie man zitternderweise in der Prüfung sitzt und sich an keine der Antworten mehr erinnern kann, versetzt man seinen Körper automatisch in einen Erregungszustand und startet schon unter einem hohen Stresspegel in die Prüfung, noch ehe sie begonnen hat. Statt sich also mit angstauslösenden Gedanken zu plagen, sollte man diese durch hilfreiche Gedanken ersetzen. Denn jeder kann Fehler machen und durchfallen. Dies führt nur in den seltensten Fällen zum Weltuntergang. Schreiben Sie sich diese Gedanken ruhig auf einen Zettel! Wenn die Nervosität Überhand nimmt, können Sie sich diesen Zettel vor der Prüfung noch einmal durchlesen. Doch Vorsicht: Lassen Sie den Zettel während der Prüfung in der Tasche, damit dieser nicht mit einem Spickzettel verwechselt wird!
Sie können auch Zettel mit motivierenden Sprüchen, die Ihnen Selbstvertrauen verleihen, in Ihrer Wohnung verteilen. Sie könnten beispielsweise einfach an Ihrem Kühlschrank einen Zettel mit der Aufschrift „Du schaffst das!“ anbringen. Damit begegnen Sie dem Druck mit positiver Suggestion. Helfen können auch schon kleine Tricks: Sollten Ihre Gedanken immer wieder um Worst-Case-Szenarios kreisen oder Sie zu sehr im Grübeln versinken, sagen Sie sich laut „STOPP!“
Sollte das nicht helfen, malen Sie sich ruhig einmal im Detail aus wie die Prüfung im schlimmsten Fall verlaufen könnte, zum Beispiel wie Sie zitternd in der Prüfung sitzen und ein erbarmungsloser Prüfer Ihnen Fragen stellt, die Sie nicht beantworten können. Nun stellen Sie sich vor, dass das Bild der Prüfung allmählich verblasst und wie dagegen Ihre Traumprüfung aussehen könnte. Alles klappt, Sie beantworten jede Frage richtig, sind kaum nervös und schließen die Prüfung mit ausgezeichneter Note ab. Je öfter Sie sich Ihre Traumprüfung vorstellen, desto mehr schwindet das Bild der Horrorprüfung.
3. Gesunder Körper, gesunder Geist
Nur wer körperlich fit und im Gleichgewicht ist, der kann auch geistige Leistungen erbringen. Deshalb sollten Sie unbedingt darauf achten, dass Sie:
- genügend Schlaf bekommen: Als Erwachsener sollten Sie weder zu wenig noch zu viel schlafen. Auf Dauer wirkt sich ein Schlaf von über 9 Stunden ebenfalls schädlich aus. Ideal sind 7 bis 8 Stunden Schlaf pro Nacht.
- sich gesund ernähren: Wer oft auf Fastfood & Co. zurückgreift, der muss sich nicht wundern, wenn er sich nicht konzentrieren kann. Zu viele Ballaststoffe und Kohlenhydrate halten den Körper ganz schön beschäftigt und machen müde. Vergessen Sie auch nicht, reichlich Wasser zu trinken!
- sich auch Auszeiten gönnen: Idealerweise nutzen Sie die Auszeiten dazu, um an der frischen Luft spazieren zu gehen!
4. Prüfungsstrategien
Auch Ihr Verhalten während der Prüfung kann sich entscheidend darauf auswirken, ob Sie auf einen Blackout zusteuern oder nicht. Lassen Sie sich nicht gleich aus der Fassung bringen, wenn Sie mit Aufgaben oder Fragen konfrontiert sind, deren Antworten Sie nicht kennen. Stattdessen sollten Sie sich erst einmal mit den Aufgaben beschäftigen, die Ihnen leichter fallen. Sie werden merken: Anschließend fällt Ihnen doch noch die ein oder andere Lösung ein, die Sie zuvor nicht zu kennen glaubten.
Sollten Sie angesichts der Aufgabenstellung direkt Herzrasen bekommen, legen Sie am besten den Stift erst einmal hin. Schließen Sie dann die Augen und atmen so lange tief durch bis Sie sich wieder beruhigt haben. Erst dann sollten Sie sich wieder der Prüfung widmen.
5. Denken Sie rational
Man neigt unter Stress häufig dazu, Dinge als wesentlich dramatischer wahrzunehmen als sie eigentlich sind. Machen Sie sich klar, dass nicht alles und schon gar nicht Ihr Wert als Mensch von dieser Prüfung abhängt. Bei den meisten Prüfungen ist es möglich, bei Nichtbestehen zu wiederholen. Oder Sie orientieren sich vielleicht doch noch einmal um, so what? Halten Sie sich noch einmal vor Augen, was in Ihrem Leben wirklich von Bedeutung ist und ob Ihr Glück von einer einzigen Prüfung abhängt.
6. Entspannungsübungen
Auch Entspannungsübungen können dabei helfen, den Kampf mit der Angst proaktiv anzugehen. Denn: Im Zustand der Entspannung gibt es keine Angst. Besonders bieten sich hier Übungen zur progressiven Muskelrelaxation oder autogenes Training an. Während autogenes Training über einen längeren Zeitraum einstudiert werden muss, um wirksame Resultate zu erzielen, liefert die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson augenblicklich Erfolge. Hierbei wird zunächst eine bequeme Körperhaltung eingenommen, bevor man dann nacheinander die Muskeln des Körpers so fest wie möglich anspannt, die Anspannung für einige Sekunden hält und wieder löst.
Der Sinn dahinter: Indem man die Muskeln bewusst entspannt, beruhigt man das autonome Nervensystem. Gefühle der Angst werden so gewissermaßen durch das Gefühl der Entspannung ersetzt. Anleitungen zur progressiven Muskelrelaxation finden Sie unter anderem auch bei YouTube:
Progressive Muskelrelaxation im Liegen
Progressive Muskelrelaxation im Sitzen
7. Machen Sie sich schick!
Sorgen Sie am Tag der Prüfung unbedingt dafür, dass Sie sich so richtig wohl in Ihrer Haut fühlen. Duschen Sie beispielsweise mit Ihrem Lieblingsduschgel, machen Sie sich die Haare und ziehen Sie Kleidung an, in der Sie sich besonders gut und selbstbewusst fühlen. Das hat zugleich den positiven Nebeneffekt, dass Sie anders wahrgenommen werden. Tauchen Sie gepflegt und gut gekleidet bei der Prüfung auf, suggerieren Sie auch Ihrem Prüfer, dass für Sie das, was um Sie herum geschieht, von Bedeutung ist.
8. Ihre Meilensteine
Am Abend vor der Prüfung sollten Sie nicht mehr hektisch in Ihren Lernunterlagen blättern, sondern alles ruhen lassen. Was Sie jetzt nicht wissen, lernen Sie auch nicht mehr kurzfristig. Stattdessen sollten Sie Ihre Bemühungen mit einem positiven Gefühl abschließen.
Halten Sie sich dafür vor Augen, was Sie bislang schon alles geschafft und welche Erfolge Sie gefeiert haben. Sie haben keine Erfolge zu verzeichnen? Aber selbstverständlich! Haben Sie nicht vielleicht Kinder zur Welt gebracht und diese groß gezogen? Haben Sie nicht anderen Widrigkeiten Stand gehalten? Schreiben Sie eine Liste mit Dingen, die Sie gut gemacht haben. Wenn Ihnen nichts einfällt, fragen Sie doch Ihre Familie oder Freunde. Die wissen ganz sicher, was Sie schon jetzt alles leisten!
9. Sie sind nicht allein!
Vergessen Sie nie: Prüfungsangst ist ein Problem, das nicht nur Sie, sondern auch viele andere betrifft! Tauschen Sie sich daher auch mit Ihren Mitschülern darüber aus und suchen Sie nach Gleichgesinnten. So können Sie sich gegenseitig den Rücken stark machen und eventuell sogar eine gemeinsame Lerngruppe gründen.
Eine Art von Kontakt sollten Sie jedoch meiden: Manche Schüler und Studenten neigen dazu, kurz vor der Prüfung laut Notizen durchzugehen oder sich darüber zu unterhalten, was und wie viel sie gelernt haben. Ziehen Sie sich vor der Prüfung lieber zurück und versuchen sich zu beruhigen, beispielsweise, indem Sie Musik hören. So lassen Sie sich nicht aus dem Konzept bringen.
10. Gehen Sie offen mit Ihrer Angst um
Wenn es tatsächlich zu einem Aussetzer während der Prüfung kommen sollte und Sie den Faden völlig verlieren, spielen Sie mit offenen Karten. Sagen Sie Ihrem Prüfer, dass Sie sehr aufgeregt sind und fragen Sie nach, ob er Ihnen eine Minute einräumen möge. Diese Zeit nutzen Sie, um tief durchzuatmen und innerlich bis zehn zu zählen. Anschließend bitten Sie darum, ob die Frage noch einmal wiederholt werden könne. Ihr Prüfer weiß, dass diese Situation nicht einfach ist, und wird ganz sicher Verständnis haben!